Wer aufgrund der Vorgaben eine Flut der Sturmläufe erwartet hatte, wurde enttäuscht. Es gab in Nürnberg zwar eine Flut, aber nur die der Verwarnungen und Roten Karten. Insgesamt gab es vier Ausschlüsse - mehr noch als bei Italien - USA.
Am Ende dieser dramatischen, harten und von Schiedsrichter Valentin Iwanow nicht mehr zu kontrollierenden Partie stürmten die Holländer mit neun gegen acht Feldspieler an, nachdem Costinha (45.), Boulahrouz (63.) und Deco (78.) die Gelb-Rote Karte gesehen hatten. Keinen Einfluss auf die Partie hatte schliesslich der Ausschluss von Giovanni van Bronckhorst Sekunden vor dem Abpfiff.
Kuyts vergebenen Chancen
Die grössten Chancen im Schlussspurt vergab Feyenoord-Stürmer Dirk Kuyt; der 25-Jährige, der anstelle von Ruud van Nistelrooy spielte, scheiterte aber zunächst im Duell gegen Ricardo (80.) und rutschte in der 90. Minute ganz knapp an einer Flanke von Robin van Persie vorbei.
So wurde Portugal letztlich dafür belohnt, dass es vor der Pause, als noch hauptsächlich Fussball gespielt und nicht gefoult, getreten und diskutiert wurde, mit Effizienz bestochen hatte. Wie gegen Angola und Mexiko war der EM-Zweite mit dem ersten gefährlichen Abschluss erfolgreich.
Maniches Tor
Eine tolle Kombination über Deco und Pauleta schloss Maniche im Strafraum ab; der Mittelfeldspieler, der schon vor zwei Jahren im EM-Halbfinal gegen Holland getroffen hatte, umdribbelte zuerst Verteidiger Andre Ooijer und war dann mit einem harten Schuss erfolgreich.
Mit der Führung im Rücken und noch bei ausgeglichenem Personalbestand agierten aber auch die künstlerisch veranlagten Portugiesen wie die meisten Teams bei diesem Turnier: sie taten nach vorne nur noch das Nötigste. Mit ihrer starken Viererabwehr um die herausragenden Innenverteidiger Ricardo Carvalho und Fernando Meira sowie den defensiv tadellosen Mittelfeldrennern Costinha und Maniche konnten sie sich das leisten. Die ideenlosen Holländer kamen bis zur Pause kaum gefährlich vor das portugiesische Tor.
Doch ausgerechnet Costinha erwies seiner Mannschaft kurz vor Ende der zweiten Halbzeit einen Bärendienst. Nachdem er bereits verwarnt worden war, sah er für ein Handspiel an der Mittellinie Gelb-Rot; es war der Startschuss für eine zweite Halbzeit, in der alle disziplinarischen Dämme brachen.
Holländischer Sturmlauf
Immerhin kam bei reduziertem Bestand die Klasse der Holländer besser zur Geltung. In Überzahl hatte die Equipe von Marco van Basten plötzlich den Raum, um über die Flügel zu spielen. Und sofort kam Holland zu Chancen. Die grösste vergab zunächst Philip Cocu, als er in der 49. Minute aus vier Metern nur die Latte traf. Danach scheiterte Mark van Bommel aus grosser Distanz mit einem Aufsetzer an Portugals Keeper Ricardo (51.). Es war der Auftakt für den finalen, aber nicht mehr belohnten Sturmlauf der Holländer. Quelle: (grü/ap)
Fürs Achtelfinal gegen die Ukraine könnte Trainer Köbi Kuhn erneut mit einer Sturmspitze spielen und Hakan Yakin von Beginn an bringen. Daniel Gygax ist wieder spielbereit.
Mögliche Aufstellung
Nun ist alles möglich, sagen die Schweizer Spieler immer wieder und Köbi Kuhn ist zuversichtlich: «Wir bleiben weiter erfolgshungrig. Jetzt erst recht. Wenn wir uns überlegen, was in Köln zu erreichen ist, dann muss ich meinen Spielern nichts mehr erzählen. Unsere Leistungskurve zeigt in den letzten Spielen nach oben. Wir können also mit dem Erwartungsdruck immer besser umgehen»
In der Tat hat sich die Schweiz von Spiel zu Spiel gesteigert. Gegen Südkorea legte sie eine Reife und Abgeklärtheit an den Tag, wie sie noch von keiner Schweizer Mannschaft in entscheidenden Spielen zu sehen war. Das Team zeigte bisher wenig Schwächen. Es gab keine Platzverweise wie vor zwei Jahren an der EM in Portugal, keine gesperrten Spieler, keine anderen disziplinarischen Verfehlungen, keine dummen Gegentore.
Djourou für Senderos
Das Wichtigste aber ist die Ausgeglichenheit im Schweizer 23-Mann-Kader. «Wir können praktisch jeden Ausfall mit einem neuen Spieler kompensieren, ohne dass das Team dadurch geschwächt würde. Das gab es wahrscheinlich überhaupt noch nie», sagt Kuhn, der nun gegen die Ukraine seinen an der Schulter verletzten Innenverteidiger Philippe Senderos ersetzen muss.
Nachdem Johan Djourou seinen Vereinskollegen im Spiel gegen Südkorea nach dessen Verletzung fehlerlos ersetzte und schon in der WM-Vorbereitung in Genf gegen Italien als Innenverteidiger geglänzt hatte, kann man davon ausgehen, dass der 19-jährige Profi von Arsenal für Senderos in die Startformation rückt.
Ohne Streller?
Hakan Yakin dürfte wie schon gegen Südkorea als hängende Spitze hinter Alex Frei agieren. In den ersten drei Gruppenspielen war zu sehen, dass die Schweizer Mannschaft mit nur einem nominellen Stürmer besser zurecht kommt als mit einem Angriffs-Duo. Als Alternative zu Yakin bietet sich Daniel Gygax an, der sich von seiner Hüftverletzung nahezu erholt hat und gegen die Ukraine wieder zur Verfügung steht.
Magnin oder Spycher?
Ein Fragezeichen in der Startformation ist Christoph Spycher: Der Aussenverteidiger lieferte zwar gegen die Südkoreaner eine gute Leistung ab, die Anzeichen sprechen aber eher dafür, dass Kuhn gegen die Ukraine wieder auf Ludovic Magnin zurückgreift. «Ich habe im letzten Spiel Spycher aus drei Gründen Magnin vorgezogen. Zum einen passte er körperlich besser zu den kleingewachsenen, wirbligen Stürmern der Asiaten. Zum anderen war Magnin noch leicht am Knöchel verletzt und lief so auch nicht Gefahr, bei einer weiteren Verwarnung für den Achtelfinal gesperrt zu sein.»
Ukrainischer Konterfussball
Der Achtelfinal gegen die Ukraine ist das erste Duell zwischen den beiden Mannschaften. Das Team des Alt-Internationalen Oleg Blochin beeindruckte in der WM-Qualifikation mit seiner Auswärtsstärke. «Die Ukrainer haben auf fremden Plätzen nie verloren und einzig beim Remis in Kopenhagen Punkte abgegeben.
Gegen Europameister Griechenland und in der Türkei haben sie gewonnen», sagt Kuhn, der einen völlig anderen Gegner erwartet als noch gegen Südkorea. «Die Koreaner schlugen ein horrendes Tempo an, die Ukrainer dagegen setzen eher auf Konterfussball, was bei zwei derart starken Stürmern wie Schewtschenko und Woronin eigentlich nicht überraschend ist.»
Wegen dem künftigen Chelsea-Stürmer Schewtschenko und auch wegen der zwei gesperrten Innenverteidiger Andrej Russol und Wjatscheslaw Swiderski werde er an seiner Spielweise nichts ändern, sagt Kuhn: «Es wird auch für die Ukraine kein Problem sein, verletzte oder gesperrte Spieler nahtlos zu ersetzen. Wir müssen uns auf uns konzentrieren.» (grü/si)
Mögliche Aufstellung
Schweiz: 1 Zuberbühler; 3 Philipp Degen, 20 Müller, 2 Djourou, 3 Magnin; 16 Barnetta, 6 Vogel, 7 Cabanas, 8 Wicky; 22 Yakin; 9 Frei.
Ukraine: 1 Schowkowski; 9 Gussew, 14 Gussin, 17 Waschtschuk, 2 Nesmatschni; 4 Tymostschuk, 8 Schelajew; 11 Rebrow, 19 Kalinitschenko; 10 Woronin, 7 Schewtschenko.