Hi Masaku,
Murphy, du ziehst Machiavelli als einzige Quelle heran. Bist du nicht derjenige, der in dem Forum das Hinterfragen predigt? Eine einzige Quelle zu solch einem Thema als Referenz zu nehmen und weder zu ergänzen noch zu hinterfragen, halte ich für etwas gewagt.
Halthalthalthalthalt!
Zum einen ist Machiavelli als Quelle glaubwürdig, das hat die folgenden Gründe: er hatte schon damals Zugang zu vielen Schriften und vielen unterschiedlichen Meinungen (in der Republik Florenz, Italien) der vorhergehenden Philosophen und Kritiker. Somit also ein durchaus annehmbares und "lückenloses" Bild der römischen, griechischen und italienischen Geschichte. Daneben war er jemand in der Politik, und seine Ergebnisse sind empirisch belegt, sie decken sich auch mit Berichten von anderen Schriftstellern damaliger Zeit, es beruht also auf Fakten, und die Schlussfolgerungen sind m.M.n. genial, sowie realistisch (nicht optimistisch).
Ich beschäftige mich im Moment nicht nur mit Machiavelli, jedoch habe ich zum Zeitpunkt des Posts mich nur damit beschäftigt; die Theorie der "Kreislaufes der Verfassungswechsel ist in sich schlüssig; man schaue sich mal die deutsche Hostorie an: Monarchie (dank Krieg zur Tyrannis), Weimar (Demokratie), Hitler (Tyrannis) und danach die Bundesrepublik. Als Demokratie im Sinne absoluter Freiheit ist das neue Deutschland nicht zu sehen, da dieses auch einschränkt (z.B. Verbot radikaler Parteien [unabhängig von der Wertung, das System funktioniert].)
Jedoch hast Du in folgendem recht: Vielseitigkeit ist besser als nur eine Quelle anzuziehen; Syopsis besser als Nacherzählung; Weiterdenken besser als kritiklos sein, doch anhand des Textest kannst Du dies nicht beurteilen, mal davon abgesehen, dass ich ihn nur kurz zu einem anderen Kontext, nämlich den Verfall der Menschlichkeit geschrieben habe. Ich bräuchte auch Machiavelli dazu nicht, ich könnte so schreiben. Hätte ich ihn nicht erwähnt, und auf keine Quelle aufgebaut, so hättest Du diesen Post so nicht gepostet, obwohl er Qualitativ nicht hochwertiger wäre. Dies erachte ich als Schwachpunkt in Deinem Post, da Du Sachen implizierst, welche an sich nicht stimmen müssen.
Ich denke nämlich, dass Machiavelli Unrecht hat. Selbst, wenn es zu einer Monarchie oder zu einem autoritären Regime käme, würde eine tyrannische Herrschaft in einen schwachen Staat münden. Schwacher Staat bedeutet, dass es keine echte Gewaltenteilung gibt, dass die Macht nur durch den Bruch von Menschenrechten aufrecht erhalten werden kann, dass Armut und Hunger weit verbreitet sind oder dass Militarismus beherrschend ist. Machiavellis Theorie liegt ein Menschenbild zu Grunde, nach welchem der Mensch schlecht, undankbar und raffgierig ist.
Wovon gehst Du aus? Vom Original, von meinem Text oder vom Internet/Wikipedia/Lexika?
Das genau ist doch sein Punkt: autoritäre Regime und Monarchien sind schwach. Autoritäre Regime können nicht lange die Freiheit einschränken, denn sie werden gestürzt werden. Monarchien halten sich nicht lange genug und werden zur Tyrannis. Schwach ist als richtig, jedoch nur dann, wenn dies im Sinne von vergänglich benutzt wird.
Schwach ist somit richtig, ich würde es aber nicht als Schwach nennen, wenn die folgenden Punkte "Machtkonzentration auf einen Punkt", "keine Menschenrechte", "Armut und Hunger", "militaristisch" auf den Staat zutreffen, sondern aus diesen ensteht die Schwachheit, da die Menschen unglücklich werden, und ihn stürzen.
Machiavellis Menschenbild ist so richtig beschrieben. Etwas differenzierter: Menschen sind allgemein "gut" und "böse" (modern ohne Gut-und-Böse-Dogma: altruistisch und egoistisch) und kann - je nach Gelegenheit (genannt: Fortuna) - einer von beidem nachgehen. Somit ist Misstrauen sinnvoll und geboten. Freilich, es gibt Menschen, die neigen zu selbstlosem Handeln, das ist eine Minderheit. Die andere Minderheit geht in das andere Extrem: sie kennt Mitleid nicht; man nennt es [altmodisch] Psychopathie oder [neumodisch] antisoziale Persönlichkeitsstörung.
Ein genau gegenteilige Theorie hat Erasmus von Rotterdam aufgestellt und mir persönlich gefällt sie sehr viel mehr. Auch hier wird der Mensch als tugendlos und verächtlich dargestellt. Allerdings ist er der Meinung, dass der Herrscher eine Vorbildposition einnehmen und sein Volk zur Tugend erziehen soll. Er soll das Wohl des Volkes über sein eigenes stellen (was im übrigens auch von unseren Parlamentariern erwartet wird). Er soll gütig aber auch wachsam sein; das Volk soll Steuern abführen und dem Herrscher Gehorsam und Achtung entgegenbringen.
Das ist nur zu unterstreichen. Das funktioniert aber so nicht, wenn sich der Herrscher daran hält. Als Vorschlag per se nicht schlecht, aber in der Ausführung eben schwerer. Doch der Herrscher, ist er nicht auch verächtlich, und warum sollte ihm als verächtliche Person, etc. in den Sinn kommen, als Vorbild zu handeln, damit das Volk es besser hat? Denn dies wäre die Folge dessen.
Doch ich will nicht politisieren, ich habe mich mit Erasmus von Rotterdam nicht beschäftigt!
Nur mit dem Tao-Tê-King, sowie Konfuzius.
Zugegeben: in der heutigen Welt ist diese Theorie undenkbar und utopisch, denn sie ist naiv. Sie setzt voraus, dass der Mensch im Grunde gut ist und aus Fehlern lernt. Aber dennoch weist sie m.E. einen Weg aus der Misere, in der die Welt heute steckt. Denn es ist überall das Gleiche: Kriege, Gewalt, Kriminalität, Korruption, Machtmissbrauch und Zerstörung von Natur und Eigentum sind an der Tagesordnung.
Und genau deswegen funktioniert sie auch nicht; wenn Du es schon einräumst, so musst Du auch die "Fehler" Deiner Quelle eingestehen; auch wenn es Dir nicht gefällt, da Du ihm beipflichten würdest. Auch ich habe Punkte, an denen ich Machiavelli nicht zustimme, und ich arbeite es gerade heraus. Das größte Problem an alten Schriften jedoch ist die veraltete Terminologie, welche einen in Fettnäpfchen treten lässt. Auch sind die Ereignisse nicht mehr allzu aktuell; denn bestimmte Bereiche können selbst prinzipiell nicht mehr so funktionieren, denn es gibt ausgereifte Medien, aus denen sich nocheinmal andere Möglichkeiten, Chancen, aber auch Probleme und Aufgaben ergeben. Das räume ich gerne ein.
Dass Du allerdings diese Philosophie zum Ziel der Politik setzt, ist wohl mit gut zu bewerten. Dies ist Aufgabe der Staatsorgane, aber die tun es nicht. Die Verantwortung liegt beim Volk, aber das ist lahmgelegt, dank Informationskontrolle und -überfluss, sowie Ablenkung von den wichtigen Themen. Die mit der größten Macht werden also dazu gebracht, sie nicht zu nutzen, und das ist eben "schlecht", da diese die Macht nur zur Verbesserung, nicht zur Verschlechterung gebrauchen würden, denn wer wollte sich selber schädigen und einschränken? Die gegannten Beispiele (s.o.) sind alle wahr, wie alles jedoch nur bedingt, denn Zerstörung beispielsweise, also die Folge von Egoismus, kommt oftmals vom Volk selber. Wenn man mal in Frankreich schaut, wie die Protestanten Autos niederbrennen. Dass sie an der Tagesordnung sind, ist wohl leider so. Doch was ändern, wenn man die Wahrheit nicht kennt, die dahinter steht. Was tun, wenn man die Prinzipien nicht kennt. Wie der Name Staatsphilosophie schon mit einschließt: eine endgültige Wahrheit dahinter gibt es nicht, oder ist nur sehr schwer zu entdecken.
Dass es aber auch anders geht als von Machiavelli beschrieben, zeigt zB Gandhi, der eben nicht nach Machiavellis Menschenbild handelte sondern stattdessen zu einem Widerstand ohne Gewalt, Hass und Lüge aufrief.
Nun, diese Information deckt sich leider DOCH mit dem von Machiavelli geschriebenen. Bereits im ersten Kapitel der Discorsi steht das Folgende:
"Die Menschen arbeiten entweder aus Not oder aus eigenem Antrieb, und zwar zeigt sich da die größere Arbeitsamkeit, wo die Arbeit am wenigsten von unserm Beliben abhängt."
Ein Beispiel wie dies von Gandhi wird im Fürsten, Kapitel VI. thematisiert:
"So war es notwendig, daß Moses das Volk Isreal in Ägypten als Sklaven und von den Ägyptern unterdrückt antraf, damit es, um der Knechtschaft zu entkommen, sich bereit machte, ihm zu folgen."
Da dieses Beispiel alleine nicht ausschlaggebend genug ist (Moses ist in seiner Existenz (wohl) umstritten), führt er weitere Beispiele an: Romulus, Cyrus und Theseus.
Es funktioniert nach dem Prinzip, dass Menschen dann arbeiten und Kämpfen, wenn sie sich daraus Vorteile erhoffen, und seien es "nur" die Grundrechte. Gandhi funktioniert nur, weil das Menschenbild in sich so und nicht anders IST. Wer etwas fordert, tut dies meisten ehrlich. Wer etwas behalten will, muss aus Furch vor Diebstahl [kann auch im übertragenen Sinne verstanden werden] eben nach seiner "bösen" (s.o.) Gemütsart handeln. Gandhi benutzte die Gewaltlosigkeit übrigens als Waffe, da die Engländer nicht auf den Umgang mit Unbewaffneten trainiert waren. Wären sie es gewesen, hätte Gandhi auf diese Art und Weise nicht protestieren können, aber das nur am Rande.
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Zu Deinem zweiten Abschnitt (das kann ich mir jetzt nicht verkneifen). Es sei aber jetzt eher als Anmerkung, denn als Kritik zu sehen:
Im Bekanntenkreis stimme ich Dir zu! Als konkretes Beispiel sei mal folgendes genannt:
Ich gehe durch die Pausenhalle, vor mir geht jemand durch die Tür, doch als ich kurz davorstehe, wird sie zugemacht - vor meiner Nase. Sowas zieht einen dann runter...
Doch lässt man mal die Umwelt außer Acht, so hat sich gar nichts verschlimmert, kriegstechnisch. Die Waffen sind brutaler geworden, und es gibt noch viele Kriege und viel Armut. Auch die Kinderarbeit ist ein Problem.
Doch zwei Punkte werden angemerkt:
- Zum einen war dies schon immer so, auch schon vor den ersten funktionieren ökonimischen Systemen. Fressen und gefressen werden scheint sich von den Prinzipien der Natur auf die Prinzipien der Politik übertragen zu haben; ob man nun im Mittelalter schaut, oder in der Antike; es gab damals sehr viele Kriege und es gibt sie noch. Also kann nicht von Verfall die Rede sein,
- dass es allerdings so zermürbend ist, mache ich an zwei anderen "neuen" Eigenschaften fest: erstens wurden die Berichterstattungen schon vor geraumer Zeit erweitert, mit der Erfindung der neuen Medien. Somit bekommt man mehr, daruas resultierend sind auch bestimmte Schlagworte, die sich in den "Köpfen" festbrennen. Die Bilder, die man sieht sind absichtsvoll zensiert, so wollten "wir" es doch! Man sieht die Kriege nun live, ob man nun will oder nicht.
Nun hat man zwei Möglichkeiten: wie regiert man? Altruistisch oder egoistisch? Da eine altruistische Reaktion schwieriger ist, und die andere Option moralisch nicht verwerflich ist, bzw. sich nicht zeigt, tendieren die meisten Menschen zum Egoismus: sie verdrängen, als Selbstschutz.
Du stellst die politischen Aktivisten als Antithese dar, wenn ich die Gliederung in deinem Text richtig deute:
Sicher gibt es immer noch Menschen, die dem entgegenstreben. [...] Dennoch sehe ich tagtäglich, [...]
Ich würde es nicht als Antithese sehen, sondern als Verbesserung. Da mehr Menschen es mitbekommen, setzen sich auch mehr ein, wie zu früheren Zeiten, allerdings waren die Menschen früher durch ihre Unfreiwilligkeit öfters am politischen Geschehen dabei, so entsteht ein Trugschluss.
Auch hat man von der Geschichte ein anderes Bild, als von der heutigen Welt, da die Quellen älter sind, und man sich kein richtiges (visuelles) Bild von damals machen kann. Deswegen hat auch die Geschichte, wenn auch nur unterbewusst, einen harmloseren Charakter, wie das Jetzt.
Daher mache ich es von zwei Ansichten abhängig:
- Realistisch: eine objektive Beurteilung, welche sich nicht mit der eigenen Meinung decken muss, sondern durchaus von einem neutralen Standpunkt aus Kritik übt, versucht die Prinzipien zu erkennen. Die Erkenntnisse können zu einer effektiven "Bekämpfung" von dem ethisch Verwerflichen führen und zu einer besseren Gesellschaft. Dazu ist es nötig, das was wahr ist [empirische Wahrheiten sind nur a posteriori gültig, und gesellschaftliche Prinzipien finden in der aposteriorischen Wirklichkeit statt] zu erkennen, auch wenn es bitter ist, oder nicht schmeckt. Dies versuchte Machiavelli, und dies versucht - bedingt - Cassiopaea. Daher schließe ich mich diesen an. Ich habe lange genug darüber nachgedacht, um nicht leichtfertig in eine Falle zu treten. Ich nenne es den Weg des Denkes, und im Allgemeinen ist das die Philosophie.
- Optimistisch: eine eher subjektive Beurteilung: auch wenn dies nicht schlecht ist, wenn die entsprechende Person von Mitleid geführt wird, so kann dieser Standpunkt nur auf kurze Sicht die Welt "wirksam" verbessern. Langfristig könnte dies nicht beachtete Folgen haben. Trotzdem gibt es viele, die so handeln. Im SPIEGEL wird beispielsweise von einem Aktivisten berichtet, der zwischen Afrika und Amerika hin- und herreist, mit Politikern spricht, reden hält und vor Ort hilft. Ich müsste den Namen noch einmal anschauen. Auch dass von so etwas berichtet wird, ist hilfreich, da es die Menschen zu Spenden animiert. Die Auswirkungen sind direkt positiv, und somit ist der Optimismus zu begrüßen. Von dem, was ich gehört habe, gehört Erasmus von Rotterdam dazu, jedoch hilft es bei dieser Einstellung nicht, nur diese Meinung zu haben: man muss auch handeln!
- Stoisch: eine typische Haltung: wegschauen. Man muss es nicht erörtern, die Auswirkungen sind schlecht, aber geduldet.
"Voll Bedauern sieht der homo sapiens
das Schicksal der Kurden Arabiens
im TV ganz genau, doch keiner mischt sich ein.
Ich fürcht, da dürft kein Erdöl sein.
_Schau, do drin im Fernsehn, da liegt a klanes Kind!
Schau, dem fehln die Fusserln, geh, schalt um, mach geschind!
Des kann sich keiner anschaun, weils Essen nimmer schmeckt!
Und Spenden, das hat a kan Zweck weils sowieso verreckt!" -EAV (s. vorheriger Post für Quelle)
Daneben gibt es noch andere Meinung, beispielsweise, dass es Gleichgewicht zwischen dem Guten und dem Bösen besteht, und dass dieses nicht zerstört werden könne, oder dass jede Verbesserung zu einer Verschlechterung an anderer Stelle führe. Man müsse als von zwei Übeln das Kleinere wählen.
Von diesen jedoch distanziere ich mich! Ich halte sie für ethisch nicht vertretbar. Die Theorie von den zwei Übeln sollte aber als Mahnung verstanden werden, die Folgen zu kalkulieren und dementsprechend "gut" (im Sinne von qualitativ hochwertig) zu handeln.
Gruß,
Murphy